08.04.2022 - Das bewegende Leben der Standseilbahn
Wie ein kleines Kind stehe ich auch heute noch mit grossen leuchteten Augen da, wenn es um technische Themen geht bei sich bewegenden Teilen. Kürzlich weilen wir an einem verlängerten Wochenende im schönen Tessin. Kurz nach der Ankunft in Lugano besteigen wir die Funicolare Monte Brè, eine Standseilbahn aus dem Jahre 1908, welche uns hoch auf den Hausberg von Lugano bringt. Und da schlägt mein Herz gleich wieder einige Pulse höher. Auf der Bergfahrt bei der Kreuzungsstelle wandert mein Blick auf die Schienen, das Zugseil und die Umlenkrollen. Mich fasziniert es, wie viel Höhe in dieser kurzen Zeit erklommen wird. Mühelos lassen wir uns in der Kabine nach oben treiben und steigen aus, um anschliessend die wunderbare Aussicht auf die Stadt und den gleichnamigen See sowie die umliegenden Berge zu geniessen. Trotz strahlendem Sonnenschein zwingt und die kalte Luft, uns warm einzupacken. Wenn immer es möglich ist, zieht es mich hoch hinaus. Kein Berg und kein Aussichtsturm ist mir zu mühsam, um raufzugehen, damit ich einen Überblick erhalte, was unter mir liegt. Gleichzeitig befindet sich in der Höhe nur sehr wenig um mich herum. Ich bin frei, zelebriere die Ruhe, die Freiheit und die Weite. Während die Standseilbahn jede halbe Stunde rauf und runter fährt, geniessen wir eine leckere Mahlzeit und dazu ein wärmendes Getränk. Gestärkt und aufgetankt mit frischer Energie wandern wir runter vom Monte Brè nach Gandria, teils auf steilen Pfaden und mit nicht passendem Schuhwerk. In der Euphorie, im Tessin angekommen zu sein, haben wir schlicht und einfach vergessen, unsere Sneakers gegen die Wanderschuhe auszutauschen. Der Abstieg gelingt dennoch unfallfrei und die leicht zittrigen Knie am Schluss nehmen wir als Erinnerung von der Kurzwanderung mit auf den Weg Richtung Hotel.
Während unserem Wochenende in der Schweizer Sonnenstube fühle ich mich wie in der Kabine der Standseilbahn, welche oben in der Bergstation Pause macht. Ich bin im Hoch, alles ist entspannt, genussvoll, ohne Gedanken an die Vergangenheit, welche mich runterziehen, noch Gedanken an die Zukunft, welche mir Unbehagen bringen. Diese Kabine ist voller Leichtigkeit, beinahe schwerelos sogar.
Doch wie eine Standseilbahn bewegen auch wir uns Menschen auf einer Reise, auf der wir mal in der Bergstation, kurze Zeit später jedoch wieder ganz unten im Tal sind. Im Tal verspüren wir die Schwere, das ganze Gewicht lastet auf uns, alles zieht uns runter. In diesen Momenten schauen wir gelegentlich bergwärts und würden alles geben, um in der anderen Kabine zu sitzen. Um dorthin zu gelangen, wo wir hinwollen, braucht es eine grosse Portion Startenergie, um unsere Kabine ich Bewegung zu versetzen. Sobald wir ins Rollen kommen, geht es bereits einfacher. Die uns nach unten ziehende Last wird Meter für Meter kleiner uns die Zufriedenheits-Kabine kommt uns entgegen. Irgendwann finden wir die Balance, dann, wenn beiden Kabinen auf gleicher Höhe sind. Ist dieser Punkt erreicht, geht es beinahe wie aus Geisterhand nach oben, so leicht, so mühelos, so zielorientiert.
Jeder Mensch entscheidet jeden Tag selber, in welcher Kabine er sitzen und in welche Richtung er fahren will.
In welcher Kabine sitzt du gerade? Und in welcher würdest du gerne sitzen?
Wenn du die Gelegenheit nützen und die Kabine austauschen möchtest, darfst du dich gerne bei mir melden. Sehr gerne unterstütze ich dich dabei, damit du in DEINE Lieblingskabine einsteigen kannst.