21.05.2021 - Ein Jahr weiter
Zwei Tage sind es her, als ich 48 Jahre zurück blicke und ich mir mein Leben in einer Fast-Forward Variante nochmals bewusst anschaue. Dabei fallen mir wie die Schuppen vor den Augen, wie mir bewusst wird, wie abwechslungsreich das Leben sich gestaltet, bis ich die erste "richtige" Arbeitsstelle mit 24 Jahren annehme. Im ersten Quartal meines Jahrhunderts entwickle ich mich vom Baby zum Erwachsenen, darf unglaublich viel lernen und entsprechende Erfahrungen machen. Alle paar Jahr ergibt sich eine Veränderung. Kindergarten, Primarschule, Sekundarschule, Lehre, Rekrutenschule, Studium - rückblickend folgt alles Schlag auf Schlag. Stets ist da ein neuer Abschnitt, auf den ich mich freue (gut, das Militär mal ausgenommen). Mich beschleicht nie das Gefühl von einem Dahintrotten im Alltag. Obschon ich einen spannenden und faszinierenden Start in mein Berufsleben erlebe, realisiere ich nun im Nachhinein, wie ich durch die Unterschrift auf dem Arbeitsvertrag mich in ein Hamsterrad schupse. Nebst der Ansammlung von beruflichem Know-How bleibe ich persönlich wie angewurzelt an Ort stehen, auch wenn natürlich unbewusst eine persönliche Weiterentwicklung vor sich geht. Eine Auszeit im 2006 für eine längere Reise mit dem Fahrrad ist wie ein riesiger Sprung aus dem Hamsterrad raus ins wahre Leben, meine Augen öffnen sich für so vieles, was mir im Alltag entgangen ist. 2009 finde ich mich zurück in einer festen Beziehung mit einem tollen und attraktiven Arbeitgeber, mit dem ich mich noch heute sehr verbinde. Trotz vielen tollen Erlebnissen, unvergesslichen Reisen und sportlichen Höhepunkten bin ich der Überzeugung, dass sich in den letzten 12 Jahren nur wenig verändert hat.
Plötzlich schreibt man das Jahr 2020, eine nie vorstellbare Pandemie rollt über den Planeten und löst in mir etwas aus. Etwas tief in mir Verborgendes kommt ans Tageslicht und ich merke innerhalb von nur ganz wenigen Tagen, dass da neben dem Hamsterrad noch etwas anderes ist, etwas wofür ich wirklich brenne und was mir eine echte Zufriedenheit gibt. Und ich weiss, dass mir genau mit dem Beginn der Pandemie die Gelegenheit auf dem Silbertablett geboten wird, um mich persönlich weiterzuentwickeln, ein in mir schlummerndes Ziel anzupeilen. Es wird schnell klar, welche wegweisenden Fragen ich mir zu stellen habe und welche Teilschritte ich dahingehend unternehme. Das Resultat der Antworten auf diese Fragen und die Vorstellung, wie die einzelnen Schritte aussehen werden, zaubern mir ein grosses zufriedenes Lachen ins Gesicht. Innerhalb der letzten 14 Monaten darf ich so unglaublich viele Schritte nach vorne gehen, ich definiere mein Welt- und Menschenbild jetzt komplett anders und auch meine Denk- und Handlungsmuster erhalten ein Update.
Im vergangenen Jahr stellen sich ständig neue Türen vor mir in den Weg, welche ich bewusst und gerne öffne. Und ich staune, was da noch alles ist. Diese Betrachtung bringt den Inhalt der vergangenen Jahre keineswegs in ein falsches Licht. Nein, im Gegenteil. Weil ich so gelebt habe, wie ich es vor Corona für richtig hielt, bin ich zum Entschluss gekommen, das Leben jetzt neu zu würzen. Und ich darf sagen, dass sich die Fragen an mich selber im Frühling 2020 mehr als gelohnt haben. Ich bin auf dem besten Weg, das Leben so zu leben, wie ich es mir so richtig toll verstelle.
Ja, Geburtstage sind wahrlich gute Gelegenheiten, nicht nur um zu feiern, aber auch um mal kurz oder gar länger inne zu halten über das, was einem in der Vergangenheit Gutes widerfahren ist und um den Blick in die Zukunft zu schwenken, sich selber Fragen zu stellen und diese ehrlich zu beantworten. Es ist sehr erstaunlich, mit welchem Ergebnis wir alle aus einem persönlichen Interview herauslaufen könnten, wenn wir uns dazu selber einladen. Die Entscheidung liegt nun bei dir, ob du aus deinen Antworten etwas mitnimmst für dein weiteres Leben. Je nachdem wirst du weiterhin Wörter "hätte", "wäre", "wenn, dann", "aber", "irgendwann", "später", "eigentlich", … in deinem Vokabular verinnerlichen. Oder du machst es dir zur Gewohnheit, dich mehr mit starken, klaren und zielorientierten Wörtern anzufreunden.