29.07.2022 - Ganz einfach "DU"
Wenn du dich sehr oft, ab und zu oder auch nur selten draussen aufhältst, um eine tolle Wanderung, einen kurzen Lauf oder einen erholsamen Spaziergang zu unternehmen, dann wird es dir selbstverständlich erscheinen, die anderen Gleichgesinnten zu grüssen. So wie sich die Motorradfahrer auf der Strasse ein kurzes Handzeichen schenken, grüsst sich der gehende Mensch verbal mehrheitlich mit einem "Grüezi", gegebenenfalls am Morgen mit einem "Guten Morgen" oder abends eher mit einem "Guten Abend". Eher selten schwappt mal ein "Hallo" über die Lippen. Tendenziell bleibt der Mensch der Höflichkeitsform treu.
Interessant festzustellen ist jedoch, dass je exklusiver die Beschäftigung der sich begegnenden Spezies ist, umso mehr schwenkt man zum freundschaftlich kollegialen "Du". Nur äusserst selten begegnen sich zwei Läufer und grüssen sich mit einem "Grüezi". Letztes Jahr, ich erinnere mich noch gut daran, bin ich positiv überrascht bei der Wanderung auf den Grossen Mythen. Auch an jenem Samstag läuft das "Du" dem "Sie" definitiv den Rang ab. Weil ich solche spannende Wahrnehmungen nicht stehen lassen kann, stelle ich mir selber Fragen. Was genau geht in uns vor, wenn wir "Sali" statt "Grüezi" sagen? Eine festgemauerte Antwort wird es wohl nicht in diese Lektüre schaffen, doch etwas Philosophieren darf gerne sein.
Je mehr wir uns mit einem Menschen verbunden fühlen und uns auf gleicher Augenhöhe bewegen, umso eher haben wir eine kollegiale Beziehungen auch zu einer uns fremden Person und umso eher neigen wir zum "Du". Dies verbindet unheimlich viel stärker und intensiver. Das Dazugehören wird dadurch doppelt unterstrichen und nimmt unnötigen Hierarchien den Wind aus den Segeln. Bei Aktivitäten, in denen wir uns mit der Aktivität verbinden, verschwinden die überdrüssigen Statussymbole und die sonst gelebten Rollen als Vater, als Mutter, als Teamleiter, als Gemeinderat oder was auch immer du dich benennst. Das, was wir im Aussen sind, ist dann nicht mehr wichtig. Unser Fokus ist auf unsere Tätigkeit gesetzt und genau dann leben wir unseren inneren Wunsch aus und zeigen uns anderen gegenüber kollegial mit dem "Du".
Dieser schöne Gedanke lässt mich stets zu neuen Experimenten verleiten. Heute spreche ich andere Wanderer meist nur noch mit "Du" an und siehe da, es ist nie ein Problem, diese Begrüssungsform findet Anerkennung und wird gleich kopiert.
So ist dies ein kleines Beispiel, wie ich mich im Umgang mit anderen Menschen verändert und besseren Zugang zu ihnen gefunden habe. Es ist ein Schritt aus meiner Komfortzone gewesen, vom "Sie" auf "Du" umzuschalten. Doch inzwischen weiss ich, dass die Scham ein wichtiger Begleiter ist und wenn ich in ihr die freundschaftliche Seite erkenne, dann ist so vieles möglich. Drum sei auch DU einfach DU und sprich deine Mitmenschen so an, wie du selber angesprochen werden möchtest.
Ich danke DIR, dass DU auch heute bei mir reingeschaut hast.